
The Suicide of Rachel Foster im Test
Zusammenfassung: Ein unheimliches Hotel in den Bergen, massig Schnee und unheimliche Vorkommnisse: Kommt euch das irgendwie bekannt vor? Im Mystery-Adventure von Daedalic Entertainment erlebt ihr einen ebenso spannenden wie belastenden Horrortrip, dessen Setting ein wenig an The Shining erinnert und den ihr so schnell nicht vergessen werdet.
Inhaltsverzeichnis
- Zur Vorgeschichte
- Stanley Kubrick lässt grüßen
- Video
- Mehr Walking Simulator als echtes Adventure
- Atmosphärisch außergewöhnlich gut
- Fazit
Zur Vorgeschichte
Nach dem Tod von Nicole Wilsons Eltern erbt die junge Frau das mittlerweile recht heruntergekommene Familienhotel Timberline in den Bergen Montanas. Sie beschließt, sich dort mit dem Familienanwalt zu treffen, um den Verkauf der Immobilie über die Bühne zu bekommen. Als sie an jedoch in das Hotel zurückkehrt, das sie zehn Jahre zuvor überstürzt mit ihrer Mutter verlassen hat, wird sie von einem unerbittlichen Schneesturm überrascht. Es bleibt ihr nichts Anderes übrig, als mehrere Tage alleine und abgeschnitten von der Außenwelt im Hotel zu verbringen. Ihr einziger Verbündeter ist ein hilfsbereiter junger Bundesagent, mit dem sie über eines der ersten Mobiltelefone der Welt (The Suicide of Rachel Foster spielt im Jahr 1993) in Verbindung treten kann. Je mehr Zeit Nicole im Timberline verbringt, desto stärker kommen ihre Erinnerungen an die Vergangenheit zurück. Vor allem die Erinnerungen an den mysteriösen Selbstmord des minderjährigen Mädchens Rachel Foster, mit dem Nicoles Vater eine verhängnisvolle Affäre hatte. Und mit jedem Tag im Gebirge wächst auch das Gefühl, dass Nicole vielleicht doch nicht ganz alleine Hotel ist…
Stanley Kubrick lässt grüßen
Schon nach wenigen Minuten wird klar, dass sich die italienischen Entwickler von One O One Games, gerade was die Optik und das Setting angeht, stark von Kubricks Filmfassung von The Shining inspirieren ließen. Und warum nicht: schließlich eignet sich ein derartiger Rahmen (leeres Gebirgshotel im Winter, abgeschnitten von der Außenwelt) hervorragend, um eine gruselige Geschichte zu erzählen. The Suicide of Rachel Foster ist unterteilt in mehrere Abschnitten bzw. Tage, die erst dann enden, wenn Nicole ein paar Aufgaben erledigt hat. Der ganze Ablauf ist sehr stark vorgegeben. Es gibt keine Möglichkeit vor der Geschichte abzuweichen. Das geht soweit, dass ihr manche Gegenstände erst an einem bestimmten Punkt in der Story überhaupt aufnehmen und benutzen könnt. Selbst wenn ihr diese schon zu einem früheren Zeitpunkt bei euren Streifzug durch das große, extrem verwinkelte Gebäude gefunden habt.
Video
Mehr Walking Simulator als echtes Adventure
Aus Gameplay-Sicht gibt es einen keinen Grund, abseits der jeweiligen Aufgaben, das Hotel bis in den kleinsten Winkel zu erkunden. Warum? Weil das Spiel abseits der wirklich packenden, gut erzählten Story einfach wenig bis gar nichts an zusätzlicher Beschäftigung bietet. Keine großartigen Secrets, keine sammelbaren Gegenstände und auch sonst keine Überraschungen. Dazu kommt, dass ihr jeden wichtigen Raum des Hotels, das ihr in Ego-Perspektive erkundet, an einem bestimmten Zeitpunkt der Story eh besuchen müsst. Man findet zwar hier und da Gegenstände, die man näher betrachten kann, aber das trägt weder zum Spielspaß noch zur Vertiefung der Geschichte bei. Ihr könnt nur Gegenstände einstecken, um sie an anderer Stelle zu benutzen, wenn durch die Spielprogression gerade vorgesehen ist. Eine Ausnahme zu dieser Regel stellen drei Gebrauchsgegenstände dar, die ihr nicht zwingend braucht, um das Spiel abzuschließen. Sie sind hier und da aber ganz nützlich. Mithilfe einer Polaroid-Kamera und einer Lampe könnt ihr dunkle Ecken ausleuchten. Das Richtmikrofon benutzt ihr im Laufe der Story nur einmal, danach verstaubt es im Inventar. Betrachtet man nur die Spielmechanik, ist The Suicide of Rachel Foster mehr Walking Simulator als vollwertiges Adventure. Etwas nervig ist auch das automatische Speichersystem, das den Spielstand jeweils nur nach abgeschlossenen Tagen sichert.
Atmosphärisch außergewöhnlich gut
Aber auch wenn The Suicide of Rachel Foster im Hinblick auf Gameplay-Finessen einiges vermissen lässt, brilliert das dritte Spiel der recht unbekannten italienischen Entwickler in anderen Bereichen. Die Story ist wirklich packend und ein Stück weit auch belastend. Die Atmosphäre ist stets gut, an manchen Stellen sogar großartig. Einen großen Anteil daran hat die Soundkulisse, die einem mehr als einmal einen kalten Schauer über den Rücken jagt. Immer wieder knarrt, klirrt und klappert es, Fensterläden schlagen, Wasser plätschert. Man hat ständig das Gefühl, beobachtet zu werden und dass jeden Moment etwas Schlimmes passieren könnte. Gerade zu Beginn waren wir uns sehr bedächtig bei der Erforschung des alten Gemäuers und haben oft es zögerlich um die Ecke gelugt, bevor wir uns in einen neuen Gang getraut haben. Richtig gut gefallen haben uns die exzellent ausgewählten englischen Sprecher, deren Dialoge aber mit guter deutscher Übersetzung untertitelt sind. Die Tatsache, dass die Interaktion mit Gegenstände stark limitiert und das Abenteuer extrem geskriptet ist, ermöglicht es den Entwickler zudem, die Höhepunkte ihrer Geschichte sehr pointiert zu setzen. Während der gesamten Spieldauer von etwa vier bis fünf Stunden kommt daher keine Langeweile auf.
Fazit
The Suicide of Rachel Foster lebt komplett von der tollen Atmosphäre des Hotels, der packenden Geschichte und den richtig guten englischen Sprechern. Parallelen zu Stephen Kings Buch The Shining oder besser gesagt Kubricks Verfilmung davon sind unübersehbar. Es gelingt den italienischen Entwicklern aber, sich ausreichend von dieser Inspiration zu lösen, um ihre eigene Geschichte gut in Szene zu setzen. The Suicide of Rachel Foster ist durchgehend spannend, weil man immer das Gefühl hat, dass gleich etwas Schlimmes passiert, ohne zu wissen, ob es sich um paranormale oder weltliche Gefahren handelt. Dabei kommt das Spiel komplett ohne Jumpscares oder übertriebene Gewalt aus. Die braucht es bei der belastenden Geschichte auch nicht. The Suicide of Rachel Foster ist für mich, gerade wegen des sehr reduzierten Adventure-Gameplays auch weniger ein Spiel, sondern vielmehr ein gut inszenierten, interaktiver Thriller. Wobei die Interaktionen an manchen Stellen regelrecht nerven, weil sie eben nur an bestimmten Stellen funktionieren oder unwichtige Details vermitteln.
The Suicide of Rachel Foster
0.00Pro
- Tolle Gruselatmosphäre
- Durchgehend spannend
- Sehr gute (englische) Sprecher
- Taschenlampe, Mikrofon und Polaroid-Kamera als benutzbares Inventar …
Contra
- ... das jedoch viel zu selten oder gar nicht benötigt wird
- Wenig Interaktionsmöglichkeiten mit der Umgebung
- Stark geskriptete Story, wenig spielerische Freiheiten
- Keine Rätsel
- Leicht enttäuschende Enden